
Mehr Lebensqualität für Malstatt! Podiumsdiskussion beim ADFC Sommerfest
Wie kann Malstatt für die Menschen lebenswerter gestaltet werden? Diese Frage stand im Zentrum einer Podiumsdiskussion, die im Rahmen des Sommerfestes des ADFC Saar am 14. Juni in der Bildungswerkstatt Kirchberg stattfand. Etwa 50 Menschen folgten im
Den Auftakt machte der Verkehrsexperte Dr. Oliver Schwedes (Berlin), der per Videoschaltung ein Impulsreferat hielt. Schwedes beklagte darin, dass die bisherige Verkehrsplanung dem Autoverkehr zu viel Raum und Ressourcen zukommen lasse. „Freie Fahrt für freie Bürger“ – dieses Motto aus den siebziger Jahren sei noch in vielen Köpfen. Die „Dogmatik für Autos“ zeige sich auch an den hohen öffentlichen Ausgaben für den motorisierten Verkehr. Umgekehrt würden Autofahrer*innen allerdings nur 9 Prozent der Umsätze in den Städten erwirken. Für die Breite Straße in Malstatt schlug er einen „Shared Space“ vor, bei dem alle Verkehrsteilnehmer*innen den Raum auf Augenhöhe gemeinsam nutzen. Ampelanlagen würden beispielsweise durch Verkehrskreisel ersetzt.
Guido Vogel-Latz vom Verein „Malstatt gemeinsam stark (MAGS)“ bezeichnete in der anschließenden Diskussion die Breite Straße als „Boulevard“, der durch die migrationsbedingte Entwicklung der letzten zehn Jahre deutlich aufgewertet worden sei. Es gebe dort keinen Leerstand mehr. Von der Innenstadt her betrachtet erscheine sie aber immer noch als der „Wilde Westen“. Entscheidend sei ein „interkulturelles mobiles Lernen“, das auch die Interessen derer berücksichtige, die mit dem Auto anreisen müssen.
Für das Stadtteilbüro der Diakonie saß Eva Lichtenberger auf dem Podium. Sie mahnte an, nachhaltig und zukunftsorientiert „vieles zusammenzudenken“; schließlich sei die Breite Straße auch Wohnquartier. Die schlechte Fahrradanbindung im Viertel beklagte sie.
Der Baudezernent der Stadt, Patrick Berberich, zeigte großes Interesse an dem Projekt. Das Integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK) für Malstatt sei eine enorme Herausforderung, bei der viele Belange zu berücksichtigen seien. Die Breite Straße sei eben auch eine wichtige Verbindungsstraße. Er bedankte sich ausdrücklich für die Anregungen und versprach, im Rahmen des Möglichen auch innovative Ideen umzusetzen. Er gab als Zeitrahmen für die Umbaumaßnahmen etwa zwei bis drei Jahre ab 2027 an.
Thomas Fläschner, Landesvorsitzender des ADFC Saar, stellte vom ADFC Saarbrücken erarbeitete kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen vor und hielt auch ein „visionäres Angehen“ für richtig. So war aus dem Publikum heraus – neben der Shared Space-Idee von Schwedes – die Umwandlung in eine Fußgängerzone vorgeschlagen worden. Fläschner selbst griff die immer wieder in Saarbrücken debattierte Idee einer Bundesgartenschau auf und übertrug sie unter dem Titel „Die hängenden Gärten von Malstatt“ auf diesen hochverdichteten Stadtteil. Die Breite Straße stelle ungeachtet solcher städtebaulicher Projekte immer noch schlichtweg eine Lücke im Radverkehrsnetz der Landeshauptstadt dar. „Dieses Leben in der Breiten Straße muss erhalten bleiben“, so Fläschner. Verkehr, Ökonomie und Lebensqualität der Anwohner müssten zusammengedacht werden, das sei der Anspruch des ADFC.
Der Geograph Prof. Dr. Peter Dörrenbächer regte als Moderator der auch intensiv mit dem Publikum geführten Diskussion, an der sich auch mehrere Saarbrücker Lokalpolitiker*innen beteiligten, abschließend an, gemeinsam zu überlegen. Alle Interessen „unter einen Hut zu bringen“, sei nicht einfach. Die Beteiligung aller Betroffenen sei aber wichtig.
Der ADFC wird sich auf jeden Fall weiterhin in die Diskussionen über eine Umgestaltung der Breiten Straße einbringen.