Tempo 30 in Kirkel - Chance der Verkehrswende für Kirkel vertan?
Im letzten Jahr hat die Gemeinde Kirkel ein Modellprojekt "Flächendeckendes Tempo 30" beantragt. Dieses wurde abgelehnt und geriet dann in die Mühlen der Verwaltungen.
Seit langem fordern viele Kirkeler Bürger ein flächendeckendes Tempo 30 auf ihren Straßen. Um neuen Schwung für mehr Sicherheit in den innerörtlichen Verkehr zu bringen, hat sich die BUND Regionalgruppe Bliesgau Verstärkung von den Landesverbänden des ADFC und des VCD geholt.
Schon 2019 hatte sich die BUND RG Bliesgau das Schwerpunktthema „Verkehr“ vorgenommen. So hat die Gemeinde Kirkel schließlich im Februar 2021 ein Modellprojekt „Tempo 30 flächendeckend“ bei der zuständigen Kreisverkehrsbehörde beantragt. Es sollte damit eine Vorreiterrolle für mehr Verkehrssicherheit und Lebensqualität im Bliesgau eingenommen werden. Ein zustimmender Beschluss des Gemeinderates erfolgte im April 2021.
Danach geriet das Projekt aber in die Mühlen der Verwaltungen. Zunächst lehnte die Kreisverkehrsbehörde das Tempo 30-Modell ab. Das Verkehrsministerium des Landes hingegen bestätigte die rechtliche Möglichkeit des Projektes. Mit einer Demo vor dem Landratsamt wurde der Forderung im August 2021 nochmals Nachdruck verliehen.
Eine Rolle rückwärts machte die Politik aber am 11. November des vergangenen Jahres bei einem Anhörungstermin im Landratsamt. Die Kreisverkehrsbehörde, vertreten durch Landrat Dr. Theophil Gallo und Mitarbeiter sowie die Abteilungsleiterin Verkehr Astrid Klug und Mitarbeiter aus dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr zogen sich auf die Paragraphen der „alten Dame“ StVO zurück und lehnten das Projekt gemeinschaftlich ab.
Jetzt, im Januar 2022, wird die Straßenverkehrsbehörde den Tempo 30-Abschnitt der Hauptstraße in Limbach doch erweitern - von der Einmündung Ludwigsthaler Straße bis Theobald Hock-Platz. Die hier bisher geltende zeitliche Befristung (Schulferien; 7-17 Uhr) wird aufgehoben. Diese Anordnung war allerdings offenbar bereits seit Monaten geplant, aber nicht kommuniziert worden. Dies ist den Verbänden jedoch zu wenig.
Zum Hintergrund: Seit 1957 ist Tempo 50 km/h als Regelgeschwindigkeit in Orten festgeschrieben und jede Änderung auf Tempo 30 kann nur ausnahmsweise und nur streckenweise bei besonders begründeter Gefahrenlage (z.B. vor Einrichtungen für Kinder und Senioren) angeordnet werden. Die Straßenverkehrsordnung wurde nun jedoch im Jahr 2020 aktualisiert. In der neuen Fassung lässt sie ausdrücklich Modellversuche wie das beantragte flächendeckende Tempo 30 zu – ohne aufwendige Begründung.
Was bedeutet das für die Menschen, den Radverkehr auf den Straßen, zu Fuß Gehende und Radfahrende auf geteilten Wegen oder Gehwegen?
„Wir sollten in Kirkel die Chancen eines flächendeckenden Tempo 30 nutzen dürfen. Wie sieht die Realität denn aus? Der Verkehr auf unseren Straßen nimmt stetig zu, die Autos werden immer größer, das Saarland hat die höchste Pkw-Dichte in Deutschland. Vielfach fühlen sich Menschen durch den Verkehr belastet, wünschen sich ihre Orte lebenswerter“, erläutert Michael Feldmann von der BUND Regionalgruppe Bliesgau.
„Tempo 30 ist keine Entscheidung gegen das Auto, sondern eine Entscheidung für Menschen, für das Klima und damit für unsere Zukunft. Für Tempo 30 gibt es gute Gründe: mehr Sicherheit, bessere Luft, weniger Lärm, mehr Lebensqualität“, so Ute Kirchhoff vom ADFC.
Für die drei Verbände ist klar: „So kommen wir mit der Verkehrswende nicht voran! Die Politik muss mutiger sein! Sie muss im Verkehrsraum für die Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer sorgen und das Wohl der Bürgerinnen und Bürger voranstellen“, fordert Werner Ried vom VCD.